Test eines Belgischen Brockens zum Rasiermesserschleifen


Test und Testbericht von Stefan P. Wolf, Kiel (© 2002  NassRasur.com)

Getestet wurde ein Belgischer Brocken blau, ausgeführt als Bankstein mit den Maßen 200x90mm, erhältlich bei www.belgischerbrocken.com. Hier finden sich auch Hintergrundinformationen zu diesem Schleifsteinklassiker.



Testobjekte zum Schärfen waren ein altes, aber neuwertiges (= unbenutztes) Rasiermesser der Marke Bonsa und ein altes und schon sehr oft alt-geschärftes Rasiermesser von John Heiffor aus Sheffield-Stahl.

Ich muß sagen, daß ich vom Belgischen Brocken positiv überrascht bin! Der Stein ist ein echter Naturstein, der in den belgischen Ardennen abgebaut wird (Infos finden sich auf der o.a. Website) aber die optischen Vorurteile (Bedenken wegen Kratzern durch Einschlüsse, da die Oberfläche nicht ganz homogen aussieht) haben sich nicht bestätigt und das Ergebnis meiner Schleiftests war bei beiden Messern ein voll gebrauchsfertiges Rasiermesser von guter (Bonsa) bis sehr guter (Sheffield) Schärfe.

Die Messer wurden vor dem Schärfen auf folgende Weise stumpf gemacht: Es wurde mit konstantem Druck in die Kante eines relativ weichen Nagura Schlämmsteins geschnitten. Dabei wurde immer gleich stark aufgedrückt, was durch die Eindringtiefe des Messers in dem weichen Stein gut kontrolliert werden kann. Alternativ hätte man sicher auch ein Stück Kreide o.ä. nehmen können. Es wurden drei Schnitte ausgeführt, wobei jedesmal die gesamte Schneidkante des Messers durch den Schnitt in der Steinkante gezogen wurde. Danach waren die Messer jeweils so stumpf, daß auch nach Abziehen auf dem Leder keine Haare mehr vom Unterarm rasiert werden konnten. Danach wurde auf dem Stein geschärft, eine Nagelprobe durchgeführt, abgezogen (nur auf der Lederseite des Riemens) und dann die Schärfe an Haaren (Unterarm, freihängendes Haar, Rasierprobe) getestet. Außerdem wurden die Klingen unter einer starken Lampe mit dem bloßen Auge auf Reflektionen der Schneidkante überprüft, die auf Scharten oder Grat hinweisen würden. Bei beiden Messern wurden je drei ausführliche Versuche durchgeführt, außerdem habe ich das Ergebnis mit meinem üblichen Schärfstein, einem japanischen Wasserstein mit Körnung #8000 (Polierstein), verglichen.

Ergebnis: der optische Vergleich (mit bloßem Auge) zeigte bei beiden Messern und beiden Steinen keinen Unterschied. Allein der Rücken des Sheffield-Messers, der durch früheres häufiges Nachschleifen schon etwas flachgeschliffen war, so daß sich eine Art Spiegel ergab, wurde beim unweigerlichen Polieren durch das Schleifen bei dem jap. Stein etwas glatter (hochpoliert), als beim Belgischen Brocken (satin-finish). Bei der sehr schmalen Schneidkante ist dieser Unterschied ohne Vergrößerung nicht zu sehen. Eine Gratbildung oder das befürchtete Entstehen von "Nicks" durch Einschlüsse beim Belgischen Brocken blieb absolut aus.



Bei der Herstellung einer rasierfähigen Schneidkante aus der standardisiert stumpf gemachten Schneide war festzustellen, daß für ein gutes bis sehr gutes Ergebnis die Zahl der notwendigen Züge beim Belgischen Brocken etwas geringer war -- 10-12 Züge pro Seite reichten hier für ein optimales Ergebnis immer aus (weniger wurde nicht versucht), beim Polierstein waren 15-20 Züge notwendig. Beide Ergebnisse lassen vermuten, daß die Körnung beim Belgischen Brocken doch deutlich grober als 8000 ist (der Hersteller gibt ca. #6000 an), wodurch sich eine geringfügig schlechtere Polierwirkung mit gleichzeitigem erhöhten Abtrag erklärt -- der Belgische Brocken ist deutlich schneller als der 8000er.

Mit dem wesentlich selteneren (und daher auch kostbareren) gelben Belgischen Brocken ist die Polierwirkung laut Hersteller deutlich besser. Ob dieser Poliereffekt für die Rasierleistung eine Auswirkung hat, ist allerdings ungeklärt.

Mit dem getesteten Belgischen Brocken war es problemlos möglich, ein wie beschrieben stumpfes Messer (welches in Wirklichkeit nie so stumpf wird -- man schärft früher nach) mit relativ wenigen Zügen wieder rasierbereit zu machen. Beide Messer schafften es, in einem frei gehaltenen Büschel von ca. 10 Haaren einige davon langsam durchzutrennen. Beim Sheffield-Messer gelang es sogar relativ problemlos, ein einzelnes Haar freistehend durchzutrennen. Bei dem Rasiertest mit wie üblich eingeschäumten Haaren war eine ausgezeichnete Rasur möglich.

Handhabung: der Stein im getesteten Format ist auch ohne spezielle Halterung hervorragend zum Freihand-Schärfen eines Rasiermessers geeignet. Er liegt sehr gut in der Hand und ist nicht zu schwer (ca. 750g). Für Anfänger ist die Breite von 90mm sicher eine Erleichterung, Profis können auch schmalere Maße verwenden. Die Länge ist mit 200mm ausgezeichnet für die Schleifbewegung eines Rasiermessers geeignet. Sehr angenehm ist die Eigenschaft des Belgischen Brockens, keine 10-minütige Wässerung wie bei japanischen Wassersteinen zu erfordern. Da sich der Belgische Brocken nicht mit Wasser vollsaugt, wird er nur gründlich benetzt und ist sofort zu verwenden. Sicher auch deshalb war er einer der klassischen Schärfsteine in den Barbierstuben, weil so immer schnell ein schärfbereiter Stein zur Hand war.

Fazit: Der blaue Belgische Brocken ist hervorragend zum Schärfen eines Rasiermessers geeignet und zeichnet sich durch einen schnellen Abtrag, die wegfallende Wässerung, ein angenehm großes Banksteinformat und einen günstigen Preis aus. Der Belgischer Brocken (in der getesteten Qualität) kann also m.E. für das Heimschärfen von privaten Rasiermessern empfohlen werden.



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Diese Seite wurde zuletzt geändert am 01.05.2010
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